Berichte von 12/2013

Code Blue in Camden!

Freitag, 13.12.2013

Spätestens seit heute habe ich die Hoffnung aufgegeben, dass der erste Wintereinbruch hier bei uns nur vorrüberegehen ist und dass es vielleicht doch noch ein klitzekleinen "Indian Summer" geben wird.
Heute wurde in Camden nämlich "Code Blue" ausgerufen. Dies ist eine Sonderregelung um die Obdachlosen vor dem Erfrieren zu schützen. Die konkrete Folge ist, dass die Regierung (Stadt, Kreis, Staat oder was auch immmer. Ich verstehe das alles nicht so richtig hier...) dafür sorgen muss, dass es genug Nacht-Shelter für alle Obdachlosen geben muss und dass diese aus Öffentlichen Einrichtungen wie Bahnhöfen, Polizeiwachen usw. nicht mehr rausgeschmissen werden können. Außerdem sind einige Institutionen nun dafür zuständig abends bzw. nachts Obdachlose, die noch im Freien schlafen, dazu zu bewegen eine warme Schlafmöglichkeit aufzusuchen.
Das wurde gestern Nacht, als ich aus Philadelphia nach Hause kam direkt deutlich, da sich nun deutlich weniger Obdachlose am "Busbahnhof" aufhielten und nun auch einige in den öffentlichen Einrichtugen schliefen.
Es ist zwar ziemlich traurig, dass es so viele Menschen gibt, die auf so eine Regelung hier angewiesen sind, aber ich bin dennoch froh, dass all diese Menschen, von denen ich nun auch einige persönlich kenne, nicht in Gefahr sind zu erfrieren.

 

Bevor es weitergeht muss ich mich aber jetzt erst einmal kurz dafür entschuldigen, dass es hier in letzter Zeit ein wenig ruhiger geworden ist. Das liegt zum einen daran, dass es bei beiden Arbeitsstellen in letzter Zeit eine ganze Menge zu tun gab. Erst Thanksgiving, dann Adventszeit und Vorbereitungen für Weinachten. Dann kam noch unser erstes Zwischenseminar dazu, was dafür sorgte, dass ich vor allem in der Gemeinde einiges Vor-Arbeiten musste. Und abgesehen von eingen kleineren Dinge die einige Zeit geraubt haben, schreibe ich gerade auch noch an meinem ersten Projektbericht, der in den nächsten Tagen fertig sein muss.
Trotzdem möchte ich aber alle kurz auf den neusten Stand bringen.

1. Thanksgiving

Thanksgiving begann für uns in Camden an dem Abend vor Thanksgiving, mit einem Dinner welches für die Obdachlosen unseres Shelters und einige andere organisiert wurde.
Mein Chef hatte mich vorher gefragt, ob ich Lust hätte zu kommen und ich könnte auch gerne meine Mitbewohnerin mitbringen.
Also fuhren wir an besagtem Tag mit einem Bus und ca. 50 Klienten zusammen von New Visions in die Suburbs, wo das Dinner stattfinden sollte. Dort angekommen, war schon alles vorbereitet. Es gab viele runde Tische, an denen jeweils acht Personen saßen. Für jeden Tisch gab es eine eigene "Kellnerin", die all' unsere Wünsche erfüllte.
Nach dem reichhaltigen Essen ging das Event in einen offenen Abend über, an dem eine Liveband für Stimmung sorgte und viele der Klienten und auch einige Mitarbeiter ausgelassen tanzten.
Bevor es dann wieder zurück ging, wurden alle Klienten noch mit Jacken, Socken, Decken und allem was sie sonst noch brauchten aussgestattet.
Als wir dann wieder bei New Visions angekommen waren, war ich eigentlich echt glücklich, weil ich das Gefühl, dass die Obdachlosen endlich mal einen schönen Tag hatten und jemand sie in den Mittelpunkt gestellt hat anstatt sie an den Rand zu drängen.
Doch als dann alle aus dem Bus stiegen und sich langsam entfernten wurden diese positiven Gedanken von der Gewissheit verdrängt, dass ich mich nun auf den Weg nach Hause in mein warmes Bett machen werde und all diese Menschen nun irgendwo in einem Zelt, unter einer Brücke oder einfach im freien schlafen werden und sich auch trotz dem einen schönen Abend nichts an ihrem Leid geändert hat.

Am eigentlichen Thanksgiving waren wir kurzfristig von einer Familie aus unserer Gemeinde eingeladen worden. Leider musste die Mutter schon um vier Uhr arbeiten weswegen das eigentlich "Dinner" gegen zwei Uhr begann. Wie das an Thanksiving nun mal so ist gab es viiiiiiieeeel zu essen und man saß einfach nett beisammen. Abends fuhren wir dann noch mit dem 19-jährigen Sohn ins Kino was auch echt nett war, da wir eigl. noch fast kein Kontakt zu gleichaltrigen Amerikanern haben.

 

2. Zwischenseminar:

Von letzer Woche Donnerstag bis Sonntag hatten wir uns erstes Zwischenseminar in Philadelphia.
Zum einen stand dabei natürlich die Besprechung unserer ersten Erfahrungen aus den Projekten im Mittelpunkt. Zum anderen hatten wir als weiteres Thema noch unsere familienbiografischen Hintergründe. Dafür sollten wir im Vorfeld ein wenig im Kreise unser Familie recherchieren. Das hat (soweit ich weiß) den Grund, dass wir bzw. ASF sich sehr viel mit Themen wie Holocaust, drittes Reich, usw. beschäftigt aber viele von uns gar nicht wissen, welche Rolle unsere eigenen Vorfahren während dieser Zeit gespielt haben.
Leider habe ich nicht genug Zeit noch genauer auf inhaltliche Aspekte einzugehen, allerdings war es sehr interessant.
Vor allem war es aber natürlich schön, die ganzen Freiwilligen, die über einen Großteil der Ostküste verteilt sind wiederzusehen.
Doch genau das wurde fast alle am Sonntag, dem Tag der Rückreise zum Verhängniss. Ein Schneesturm hatte sich relativ plötzlich vom mittleren Westen süd-östlich Richtung Küste ausgebreitet und einen Großteil des Flug- und Busverkehrs zum Erliegen gebracht. Während alle, die mit dem Bus nach Hause fahren sollten, bereits am Bahnhof warteten, verfolgten die verblieben im Live-Ticker online, wie die Verspätung der Flüge gegen unendlich anstieg, bis nach und nach alle gecancelt wurden. Nachdem auch die Highways gesperrt wurden, erwischten unsere New York - Freiwilligen einen der letzten Busse, die Philly verließen und waren somit die einzigen, die keine weitere Nacht im Hostel verbringen mussten/durften. Über Nacht hatte sich der Sturm aber glücklicherweise gelegt und so konnten am Montag alle (fast) problemlos nach Hause fliegen.
Und als ob dieser ganze Stress nicht schon genug wäre, fiel eine unserer Freiwilligen am Sonntag-Abend während dem gemeinsamen Film schauen, über einige Beine drüber und schließlich mit dem Kinn genau in die Ecke einer Kommode. Die Folge war ein tiefer Schnitt, Krankenhaus-Besuch kurz vor Mitternacht nach einem ohnehin schon stressigen Tag und eine mit sechs Stichen genähte Wunde.
Der Freiwilligen geht es aber inzwischen zum Glück wieder besser!

 

Das soll es jetzt schon gewesen sein. Leider schaffe ich es momenatn aus bereits genannten Gründen nicht, ausführlicher und regelmäßiger zu posten.
Ich hoffe das wird wieder besser.

Viele Grüße aus dem verschneiten Camden!

Christopher

 

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