Westchester, Thanksgiving und eine doch nicht links-liberales Elternhaus

Donnerstag, 21.11.2013

Mittwoch, 13.11. Höchst-Temperatur: 5°C. Der Winter hält Einzug. Auch in Camnden. Dachte ich.
Sonntag, 17.11. Höchst-Temperatur: 21°C. Es wird wohl doch noch nicht kalt. Ist ja Camden. Dachte ich.
Heute, 21.11.    Höchst-Temperatur: 5°C. Neue Erkenntnis: In Camden hält sich das Wetter nicht an Jahreszeiten.

Egal ob nun Winter oder nicht. Auch in Camden haben wir nun bereits einige kalte Tage hinter uns. Die ersten davon musste ich leider - aufgrund der engen Bestimmungen der Lufthansa, die es mir leider nicht erlaubten meine Winterjacke mitzunehmen - ohne warme Jacke durchstehen. Da ich keine Lust hatte mir hier eine neue Jacke für mindestens 100 Dollar zu kaufen, waren meine Eltern so freundlich mir meine Jacke hinterherzuschicken.
Allerdings wohl nicht schnell genug, denn die liebenswerten Mitarbeiter bei mir im Shelter hatten wohl Mitleid mit mir und versprachen mir schon am ersten kalten Tag in unserer Clothing-Area nach einer Jacke für mich Ausschau zu halten. Einen Tag später brachte mir dann Radio, einer der Mitarbeiter (glaube ich...manchmal kann man das dort nicht so genau sagen), eine Jacke von sich zu Hause mit. Meine Abwehrversuche á la "Meine Jacke aus Deutschland ist doch schon unterwegs und außerdem gibt es hier doch viele Leute, die die viel eher brauchen als ich" wurden bedingslos abgeschmettert.

Anfang dieser Woche kam dann auch meine Jacke aus Deutschland an. Zusammen mit zwei sehr lieben Grüßen meiner Familie und einer Packung Brühwürfel. Die hat mein Bruder bei seinem Freiwilligendienst in den USA wohl schmerzlich vermisst. Da meine Kochkünste nicht im Ansatz an die meines Bruders heranreichen, bin ich mal gespannt ob ich dafür noch Verwendung finde, aber das Jahr ist ja noch lang.

Noch ohne meine Jacke aus Deutschland, aber dafür mit umso mehr Vorfreude auf das Wochenende ging es letzte Woche Freitag mit U-Bahn und Bus Richtung West-Chester - einem ziemlich reichen Vorort von Philadelphia.
Dort waren wir, die Philly- und Camden-Freiwilligen, für ein Wochenende bei David, einem Unterstützer von ASF in den USA eingeladen. Ich kannte David bereits, da ich auf dem Host-Weekend während unserer Orientierungstage bereits das Vergnügen hatte, eine Nacht bei ihm zu wohnen und ihn kennen lernen zu dürfen.
David ist Künstler und, wie diese eben sind, ein bischen verrückt - allerdings auf eine wahnsinnig nette, lustige und liebenswerte Weise.
Dementsprechend waren unsere einzigen außerhäuslichen Aktivitäten (abgesehen von ausgedehnten Spaziergängen) auch nur die Besuche von Kunst-Galerien, Künstler-Studios, Kunst-Festivals und Künstlern - was deutlich mehr Spaß gemacht hat, als man erst einmal vermutet.
Trotz dieses Kulturprogramms waren wir im Grunde die meiste Zeit bei David zu Hause, ließen uns von ihm bekochen, schauten DVDs und ließen es uns einfach gut gehen. Es war wirklich der reinste Urlaub für uns alle und es tat wahnsinnig gut, mal aus unserem Alltag in Camden rauszukommen.

                                      

Dieser ging dann am Montag mit der Arbeit im Shelter weiter. Dort braucht man momentan nicht auf das Thermometer gucken, um zu sehen wie kalt es ist. Man sieht es an der Anzahl der Obdachlosen die bei uns auftauchen um nicht draußen in der Kälte sein zu müssen. Da werde ich einfach immer wieder dran erinnert, wie viele Menschen auch in unserer "zivilisierten, westlichen" Welt in totaler Armut leben.

Am Dienstag wurden wir von einem Mann aus unserer Gemeinde abgeholt und zum ersten Mal zum Karate-Training mitgenommen. Er ist dort Trainer und hatte uns abgeboten uns alles mal zu zeigen. Und da wir momentan nun mal immer noch nichts gefunden haben, wo wir regelmäßig Sport treiben können, haben wir kurzerhand zugesagt.
Das Trainig selber war dann zwar ganz lustig, aber eigentlich nicht so das, was wir neun Monate lang machen möchten. Mal schauen wie das so weiter geht.

Ansonsten ist nicht besonders viel passiert, allerdings steht natürlich inzwischen alles im Rahmen der Thanksgiving-Vorbereitung - ein riesen Ding in Amerika. Heute haben wir dann auch endlich noch eine Einladung von einer Familie aus unserer Gemeinde bekommen, nachdem wir schon die Hoffnung fast aufgegeben hatten, mal ein echtes amerikanisches Thanksgiving zu erleben. Darauf sind wir nun echt gespannt!
Außerdem kommen an dem darauffolgenden Wochenende einige Freiwillige aus Washington, New York und Philly zu Besuch. Es wird also wieder einiges zu tun geben!

Eine Sache möchte ich außerdem an dieser Stelle noch loswerden. Ich höre immer mal wieder, wie viele Leute regelmäßig meinen Blog lesen und sich für meine Arbeit interessieren. Und ich bekomme immer wieder Mails, Nachrichten und Kommentare aus der Heimat geschickt.
DANKE DAFÜR!
Das freut mich wahnsinnig!

Bis dahin inzwischen ganz schön frostige Grüße aus Camden

Christopher

 

P.S.: Meine Eltern waren mit der (vor einigen Wochen hier beschriebenen) Einordnung als "links-liberaler" Haushalt nicht so richtig einverstanden. Also nur links. Oder bürgerlich-links. Wie auch immer. Ist ja eigentlich auch egal.

 

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