Berichte von 01/2014

Martin-Luther-King, mein erstes Konzert in Philly und der nächste Schneesturm

Freitag, 24.01.2014

Schon der zweite wichtige Feiertag in den USA im neuen Jahr ist nun vorrüber und natürlich habe ich mal wieder nicht frei.
Martin-Luther-King-Day (MLK-Day). Öffentlich nicht besonders groß zelebriert aber dennoch für viele Amerikaner einer der wichtigsten Tage im Jahr. Das wurde mir in unserem Gottesdienst am Sonntag vor dem MLK-Day, sehr persönlich deutlich.

Unsere Gemeinde ist, typisch für Camden, kulturell recht vielfältig. Auf der einen Seite gibt es einige Weiße (oder wie sagt man das politisch korrekt?!), die vor allem noch aus Zeiten stammen, in denen es Camden wirtschaftlich deutlich besser ging und überwiegend von Weißen bewohnt wurde. Im Laufe der Jahre kamen aber immer mehr Menschen aus anderen Kulturen hinzu und so ist Camden inzwischen vor allem von Hispanics (Südamerikanern/Spaniern) und Afro-Amerikanern dominiert.
Um letztere geht es logischerweise am MLK-Day.

Eine unserer ältesten Gemeindemitglieder ist eine Afro-Amerikanische Frau, die (soweit ich das weiß) ziemlich politisch engagiert ist.
Während des anfangs genannten Gottesdienstes stand diese ältere Dame nun auf, ging nach vorne und begann zu erzählen, welche Bedeutung Martin-Luther-King für sie habe.
Ihre Erzählungen handelten anfangs von ihrer eigenen Mutter und Großmutter, die die Rassentrenunng in den USA noch am eigenen Leib erfahren mussten.
Beide hätten vor vielen Jahren in den Haushalten von reichen, weißen Menschen geputzt um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Interessanterweise sei ihre Mutter aber immer voll des Lobes für diese Familien gewesen und vor allem die Kinder hätten die Mutter unseres Gemeindemitgliedes sehr gemocht.
Eines Tages wollte die Familie dann essen gehen und auch die Afro-Amerikanische Mutter sollte mitkommen. In dem ersten Restaurant in das sie einkehren wollten, wurde ihnen dann allerdings vom Besitzer am Eingang klar gemacht, dass die Familie sehr willkommen sei, Afro-Amerikaner allerdings nicht erwünscht wären.
Die Familie entschloss sich in ein anderes Restaurant zu gehen, wo alle zusammen essen konnten.
Dies sei natürlich nur ein Beispiel von unzähligen gewesen, bei denen ihre Mutter diese Ausgrenzung ganz offen gespürt hatte.


Nachdem Sie am Ende ihrer Rede noch dazu aufrief gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen, wenn sie uns begegne, stimmte sie ein mir unbekanntes Lied an, ging ein paar Schritte in Richtung der Kirchenbänke und nach und nach standen alle Gottesdienstbesucher auf, fassten sich an den Händen und stimmten in das Lied ein.
Das war für mich persönlich ein total berührender Moment und eine spannende Erfahrung.


Auch von meinem zweiten Projekt, New Visions, gibt es Neuigkeiten. Die Kirche in der all unsere Arbeit stattfindet, wird spätestens im März diesen Jahres den Expansions-Plänen des immer größer werdenden Krankenhauses in Camden, dem Cooper-Hospital zum Opfer fallen. Viele Jahre hat sich New Visions dagegen gewehrt mit dem Argument, dass die Kirche unter Denkmalsschutz steht. Soweit ich informiert bin, ist allerdings inzwischen der Denkmalsschutz erloschen, da die Gebäudesubtanz beschädigt ist.
Das bedeutet für uns dass wir umziehen müssen und deswegen wahrscheinlich ab März in das Gebäude von St. Joseph's, einem nach großen Renovierungsarbeiten gerade wieder eröffneten Übernachtungshaus für Obdachlose. Allerdings steht das soweit ich weiß noch ein bisschen in den Sternen.


Anfang dieser Woche habe ich es nun endlich zum ersten Mal geschafft zu einem der vielen tollen Konzerte zu gehen, die regelmäßig in Philadelphia und Camden (Ja, auch in Camden!) stattfinden.
Auch wenn dort drei Death-Metal-Bands gespielt haben - also eigentlich nicht mein Genre - hat es echt total Spaß gemacht endlich mal wieder auf ein Konzert zu gehen und ich hoffe, dass ich das in Zukunft häufiger schaffen werde.

Außerdem habe ich nach einigen Planungen nun endlich meinen Flug nach San Francisco und die Unterkunft dort für Ende Feburar gebucht und freue mich seitdem wahnsinnig auf meinen ersten richtigen Urlaub! Ich habe das Gefühl jeder Amerikaner ist der Meinung, dass San Francisco eine der tollsten Städte der USA ist und deswegen bin ich echt gespannt wie mein Eindruck und vor allem auch der erste Eindruck der Westküste sein wird.


Das war es fürs erste schon wieder und ich bin nun gespannt ob ich morgen zur Arbeit gehen kann, da heute Nach der nächste Eissturm über Philadelphia/Camden ziehen soll.

Viele Grüße aus dem verschneiten Camden

Christopher

 

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Weihnachten und Neujahr in den USA

Dienstag, 07.01.2014

Frohes neues Jahr 2014! Mein erster Post im neuen Jahr geht nun online. 4 Monate in den USA liegen bereits hinter mir. Immer wenn ich bisher gesagt habe „Nächstes Jahr sehen wir uns wieder!“ heißt es plötzlich „Dieses Jahr sehen wir uns wieder.“ Ganz komisch. Und damit ist nun auch das erste Drittel meines FSJs bereits abgeschlossen. Eine Menge Erlebnisse liegen hinter mir und ich bin bereits jetzt froh, dass ich den Schritt in die USA gemacht habe.

Das erste Mal habe ich nun auch Weihnachten nicht mit meiner Familie verbracht. Gerade das fiel mir besonders schwer, da Weihnachten (zumindest bei mir) nun mal immer ein Fest der Familie war. Und vor allem auch ein Fest bei dem man sich ganz bewusst Zeit für die Familie nimmt. Doch auch in kleiner Runde (ich habe nur mit meiner Mitbewohnerin und zwei Leuten aus der Gemeinde gefeiert) kam an Heiligabend ein wenig Weihnachtsstimmug auf.
Einen Tag später, am 25. Dezember, waren wir dann bei unserem, bereits in vorigen Posts erwähnten LBA Mark, der uns zusammen mit den anderen Philly-Freiwilligen und einigen Freunden zum Dinner eingeladen hatte. Dort kamen eine Menge lustige Gespräche auf und irgendwie war es doch schön, obwohl ich hier bin um die amerikanische Kultur kennen zu lernen, Weihnachten, zumindest teilweise, mit einige deutschen Freunden zu verbringen.

Da ich mir über die Neujahrstage frei genommen hatte und auch die Schule geschlossen war (meine Mitbewohnerin hatte somit auch frei) haben wir uns entschlossen für einige Tage nach Washington D.C. zu fahren um dort mit einigen anderen Freiwilligen in das neue Jahr zu starten. Nebenbei hatten wir dann auch, im Gegensatz zu unserem ersten Besuch in Washington, die Möglichkeit in Ruhe die Stadt zu erkunden und vor allem einige Museen zu besuchen. Mich hat vor allem interessiert zu sehen, wie die Amerikaner selbst ihre Rolle in der Geschichte betrachten, da man häufig den Eindruck bekommt, dass dies relativ unreflektiert geschieht und sich zu wenig kritisch mit der eigenen Geschichte auseinander gesetzt wird (z.B. Sklaverei).
Und außerdem sind die meisten Museen auch noch kostenlos. ;-)

In Camden habe ich in der Zeit natürlich relativ wenig erlebt, da ich erst am Wochenende wieder richtig angefangen habe zu arbeiten und deswegen auch nicht so viel Zeit hier verbracht habe.
Allerdings gab es in der letzten Zeit eine Menge Kontroversen über zwei Zeitungsartikel die über Camden veröffentlicht wurde.
Der erste ist ein sehr langer Bericht und erschien bereits Anfang Dezember im Rolling-Stone-Magazin, einem (soweit ich weiß) ziemlich bekannten Magazin hier in den Vereinigten Staaten. (Hier nachzulesen)

Schon nach den ersten Zeilen dieses Artikels, hatte ich das Gefühl auf journalistische Arbeit unterhalb des "BILD"-Niveaus zu treffen. Der Autor fragt einige ausgewählte Personen, behauptet alle in Camden wären so und schon haben die Bilderbuch-Vorstellung der schlimmsten Stadt Amerikas bestätigt. Oder so ähnlich.
Auf diese Weise ist es ein Kinderspiel jede X-beliebige Stadt der Welt als die Hölle auf Erden dazustellen. Aber es ist einfach absolut unseriös und nicht der Wahrheit entsprechend.
Weiter geht es mit der Behauptung, die Polizei in Camden hätte vor einigen Jahren quasi aufgegeben. Gemeint ist damit die Entlassung von ca. der Hälfte der Polizei vor einigen Jahren aufgrund von finanziellen Einsparungsmaßnahmen der Stadt. Dass aber erst vor kurzem der Staat New Jersey die Polizei-Arbeit übernommen und die Anzahl an Polizisten verdoppelt hat wird natürlich mit keinem Wort erwähnt - wäre ja positiv. Gibt es in Camden nicht.
Nun wird es noch abstruser. Der Autor "stellt fest" seit September gäbe es in Camden keinen Supermarkt mehr. Nun, ich weiß nicht wie man das große Gebäude in East-Camden, wo ich regelmäßig einkaufen gehe bei der Rolling-Stone-Redaktion nennt, aber ich war fest davon ausgegangen es sei ein Supermarkt.
Dass man einen Text einseitig schreibt ist ja noch in irgendeiner Weise annehmbar. Nicht seriös, aber auch nicht verboten.
Aber dass man Unwahrheiten aufgrund fehlender Recherche als Tatsachen dastellt, verärgert mich dann doch ziemlich.
Der Artikel geht noch deutlich länger, allerdings würde das hier zu weit führen. Zu bemerken wäre zum Beispiel noch, dass all die positiven Bestrebungen, die hier erkennbar sind nicht erwähnt werden. Ist ja Camden. Positiv gibts hier nicht.
Aber es hat mich enfach sehr geärgert so einen Artikel zu lesen, der dann dazu beiträgt, dass Camden genau das Image behält, dass es aufgrund solcher Geshichten überhaupt erst hat.

Der zweite Artikel erschien aufgrund der Kälte und den damit verbunden Schwierigkeiten für die Obdachlosen in der Courier Post und ist hier nachzulesen.
Auch dieser Artikel ist mit Vorsicht zu genießen, aber es gibt einige Bilder von meiner Arbeitsstelle und mein Chef kommt auch zu Wort. ;-)

Das soll es fürs erste gewesen sein.
Viele Grüße aus dem bitterkalten Camden


Christopher

 

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